Herzschrittmacher


Herzschrittmacher und deren elektromagnetische Verträglichkeit sind scheinbar unverträglich. Und dennoch tragen alleine in der Bundesrepublik, einem Land mit viel High-Tec, viele hunderttausend Menschen ein derartiges Gerät ganz ohne Probleme. Wie sagt dazu der Techniker: alles berechenbar und machbar.. und die Biologen sagen: tja: man müsste noch ein paar Studien über die dauerhaften Auswirkungen der derzeit üblichen Funkstrahlen in Zusammenhang mit dem Herzmuskel und dem Herzschrittmacher durchführen.

Die Konsequenz liegt auf der Hand: zunächst einmal werden die Werte für alle Funkanlagen mit mehr als 10 Watt Sendeleistung festgelegt, die diese als elektrisches Feld in Bereichen, in denen entsprechende Personen zu erwarten sind, festlegt. Im Beamtendeutsch heißt dies dann Grenzwerte zur Sicherheit der Herzschrittmacherträger vor Beeinflussungen durch elektromagnetische Felder und findet sich z.B. schon 1997 als Verfügung 307/97 des Bundesministers für Post und Telekommunikation.

Die Grenze von 10 Watt ist nicht willkürlich: Sendeanlagen mit weniger als 10 Watt sind so häufig und so gebräuchlich, daß jede gesetzliche Regelung zum Scheitern verurteilt wäre. Oder wie wollen Sie die Millionen von Handfunkgeräten, sei bei der Polizei oder im gewerblichen Einsatz, die Taxifunkgeräte, die CB-Funkgeräte, die Millionen Handy-Benutzer bis hin zu den Minifunkanlagen wie Garagentoröffner und einige Fernbedienungen zu einer Abgabe von entsprechenden Erklärungen bewegen, ganz zu schweigen von de (nicht vorhandenen) Möglichkeiten zur Verarbeitung? Also traf es nur die Sendeanlagen mit mehr als 10 Watt. Das sind neben den bekannten Rundfunksendern auch z.B. Funkamateure, die bis zu 100 Watt Sendeleistung einsetzen dürfen. Funkamateure sind Personen, die sich nach freiem Behördendeutsch, ohne finanzielle Interessen dem Bau, Einsatz und Weiterentwicklung von Funkanlagen widmen und dabei der Völkerverständigung und der technikbezogenen Ausbildung dienen. Dieser Personenkreis darf dazu seine Sendeanlagen selbst bauen und mit eigener Verantwortung betreiben. Und genau dieser Personenkreis, von denen sich viele mit der elektromagnetischen Verträglichkeit auch zu biologischen Systemen befassen, wurde ein Opfer der vorgenannten Vorschrift. Denn: nicht wenige Funkamateur wohnen in eng bebauten Gegenden und leiden und den nicht optimalen Antennenbedingungen - und versuchten, dies teilweise mit Sendeleistung auszugleichen. Das dabei an Einzelnen Stellen dann Feldstärken entstehen können, die deutlich größer sind, als die schon durch den täglichen Rundfunkwahnsinn (Ein Rundfunksender hat meist eine stark gebündelte Strahlung, die Sendeleistung beträgt zwischen 100 und 1000 KW, also bis zu 1 000 000 Watt) vorhandenen Feldstärken, ist klar. Doch befassen wir uns einmal mit dem eigentlichen Herzschrittmacher. Diese bestehen heutzutage aus einem abgeschirmten Gehäuse und zwei Elektroden an oder sogar in der Herzkammer, die überwacht werden soll. Die beiden Elektroden sind, dank der aktuellen Technik (bipolare Herzschrittmacher), relativ eng beieinander. Damit ist schon alleine durch die Konstruktion relativ viel gegen eine ungewünschte Beeinflussung von außen getan worden. Wenn ein Patient keine selbständigen Herzaktionen mehr entwickelt, ist er auf den Herzschrittmacher angewiesen. Ein Herzschrittmacher überwacht die elektrische Aktivität des Herzens. Wenn der natürliche Impuls zur Erregung des Herzmuskels sich verspätet oder ausbleibt, liefert das Gerät einen Ersatzimpuls. Es könnte passieren, dass der Herzschrittmacher einen von außen kommenden elektromagnetischen Impuls mit einem Impuls des Herzens verwechselt, so dass die notwendige Stimuliuerung des Herzmuskels unterbleibt. D.h. wenn das elektrisches Feld im Körperinneren zu einem Störpotential führt, das den Herzschrittmacher eine Herztätigkeit annehmen lässt, die in Wirklichkeit nicht besteht, käme es zum Stillstand des Herzens. Zusätzlich verfügen die heutigen Herzschrittmacher über eine Filterung der Eingangssignale, die über die Elektroden in den Herzschrittmacher gelangen und den eigentlich anregenden Impuls bewirken. Diese Signale werden durch ein Tiefpassfilter und durch Algorithmen, die der Erkennung der eigentlich gewünschten Herzmuskelsignale dienen, erzeugt. Liegen andere Signale, eben Störsignale an, so schalten Herzschrittmacher auf einen festen Modus um.

Eine ähnliche Situation entsteht, bei starker Muskeltätigkeit, z.B. beim Husten. Aber sie kann z.B. auch bei Radaranlagen oder von manchen Diebstahlsicherungen in Kaufhäusern ausgelöst werden. Von den 50-Hz-Feldern der Hochspannungsleitungen oder anderer Anlagen der Stromversorgung droht den Trägern keine Gefahr. Moderne Herzschrittmacher erkennen derartige Störungen und stellen auf einen Festmodus um, der nicht von außen beeinflusst werden kann. Sowie das Störsignal wegbleibt, übernehmen die Geräte wieder ihre normale Funktion.

Übrigens hatten die Techniker schon lange versucht, Herzschrittmacher gegen ungewollte Beeinflussungen von außen zu sichern. Schon 1976 gaben amerikanische Behörden Empfehlungen heraus, um diese Sicherheit technisch fassbar zu machen, Bekannt sind die Tests bei 450 MHz gegen gepulste Strahlung mit einer Feldstärke von 220 bis 260 Volt pro Meter. Zum Vergleich: 3 V pro Meter sind heutzutage Standard, in der Industrie werden Grenzwerte von 10 V/m angesetzt. Ein Mobiltelefon mit 1 Watt Sendeleistung bei einem Abstand von 10 cm (Pardon: telefonieren Sie auch mit dem Handy auf dem Herzen?), erzeugt ein Feld von etwa 55 V/m, ein Sender mit 100 Watt in einem Meter Entfernung (Achtung: die Antenne sieht meist ebenfalls respekteinflößend aus und lässt einen kaum näher treten) erzeugt ebenfalls so um die 55 V/m.

Trotz dieser beeindruckenden Zahlen geisterte im März 2008 durch die deutsche Presse die Meldung, dass die Uni Michigan in Versuchen mit MP-3-Player (konkret ein iPod auf die Brust gesetzt) die Herzschrittmacher in 20% der Fälle irritiert wurde und bei weiteren 29% Interferenzen festgestellt wurden - möglicherweise handelt es sich auch um Gerätevorgaben, die in den USA anders als in der EU sein können! Das hat vermutlich weniger mit Hochfrequenz, sondern mit der besonderen Art der damaligen Ipod-Bildschirme zu tun: diese waren elektrotechnisch als eine Art Kondensator, der sehr niederfrequent angesteuert wird, ausgeführt.

Man kann einen Herzschrittmacher durch niederfrequente Magnetfelder beeinflussen. Diese können einen Übergang auf einen sicheren Modus bewirken.... möglicherweise (Worst-Case-Scenario) können diese Magnetfelder sogar die Programmierung ändern.  Ein Beispiel sei z.B. der Motor im Kühlschrank...  bei wenigen cm Abstand. Aber wer möchte schon auf seinen Kühlschrank verzichten? Also: wer arbeitet direkt neben oder gar in einem eingeschalteten Elektromotor?

Die Gefahr legt vermutlich ganz woanders. Viele Ärzte haben zwar mal etwas von EMV gehört, aber so recht glauben wollen sie's nicht. Kaum ein Arzt informiert seinen Patienten über die Gefahren, die sich in der Nähe von Rundfunksendern durch das Tragen von Herzschrittmachern ergeben können. Kaum einer fragt vor Untersuchungen mit starken Magnetfeldern nach einem Herzschrittmacher. Das sehe ich als eigentliche Gefahr an.…