Krebs durch EMF


EMF-Einfluss auf Krebs

(dieser Text stammt weitgehend von Dr. Holger Belke) Gerne wurde von den Medien der angeblich krebsfördernde Einfluss von elektromagnetischen Feldern für Horrormeldungen genutzt. Bohrt man etwas nach, so wird hier vor allem die SAVITZ-Studie von 1988 als Quelle genannt, was nicht immer ganz richtig ist. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Kinder, die einer mittleren Feldstärke ausgesetzt waren, seltener an Krebs erkrankten als bei schwacher Exposition. Bei starker und sehr starker Feldexposition war die Häufigkeit höher, wobei der Stichprobenumfang bei sehr starken Feldern lediglich vier Kinder umfasste. Wäre eines dieser Kinder in ein anderes Krankenhaus eingeliefert worden, hätte dies zu einem ganz anderen Ergebnis der Studie geführt. Der Autor selbst wies darauf hin, dass bei einem derartig geringen Stichprobenumfang ein Zusammenhang zwischen Exposition und Krebshäufigkeit nicht bestätigt werden könne. Er konnte somit weder beweisen noch widerlegen, dass elektrisches oder magnetische Felder Leukämie begünstigen oder gar auslösen.

Weiterhin wurde festgestellt, dass unabhängig von den gemessenen Feldstärken, die Häufigkeit, an Leukämie zu erkranken, bei sozial Schwächeren höher ist als bei Besserstehenden. Auf diesen Zusammenhang weisen auch andere Studien hin. Es gilt als wahrscheinlich, dass Sozial Schwächere nicht so gut über das Rauchen und die Umweltverschmutzung informiert sind, so daß sie die damit verbundenen Risiken sorgloser als sozial Besserstehende eingehen. Diese und ähnliche Faktoren können weitaus größere Auswirkungen haben als elektrisches, magnetische oder elektromagnetische Felder.

Melatonin

Eine weitere Hypothese betrifft das Hormon Melatonin , das die Zirbeldrüse in der Nacht produziert. Bei Lichteinfall wird die Produktion unterbrochen. Die Hell-Dunkel-Information erhält die Zirbeldrüse über die Nervenverbindung zum Auge. Neuere Überlegungen gehen davon aus, dass die Wirkung elektromagnetischer. Felder auf den Sehnerv zur Beendigung der Melatoninproduktion führen kann. Japanische Wissenschaftler fanden heraus, daß bei Frauen mit Brustkrebs die Melatoninproduktion stark vermindert war. Hierzu gibt es zwei mögliche Erklärungen. Man könnte annehmen, daß: • bei Brustkrebs der Eiweißstoffwechsel behindert, gestört oder beschädigt ist und so weniger Melatonin produziert wird oder • der Krebs entstanden ist, weil weniger Melatonin vorhanden war. Dies lässt sich selbst bei länger andauernden Studien nicht genau unterscheiden.

Daraufhin wurden Menschen gesucht, die über keine Lichtinformation verfügen. Stimmt die Annahme, so müssten Blinde besonders viel Melatonin produzieren, und sie dürften eigentlich nicht oder seltener an Krebs erkranken. Eine Studie über nur 1000 Personen zeigte aber eine mittlere Krebshäufigkeit, die nicht von derjenigen der übrigen Bevölkerung abwich.

Die Schwierigkeit der Beweisführung bei statistischen Resultaten ist ein grundsätzliches Problem: Ein Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung lässt sich nur vermuten. Dennoch sind epidemiologische Studien eine wichtige Säule in der Forschung; schließlich ist es kaum möglich, am Menschen selbst zu experimentieren.

Das Problem trifft auch all die Unwägbarkeiten, die die Erforschung athermischer Wirkungen begleiten. Versuche mit Tieren, Zellkulturen und Modellen sind eben nicht auf den komplexen menschlichen Organismus so einfach zu übertragen. Veröffentlichungen gibt es zuhauf, aber die Literatur darf nicht flüchtig gelesen werden, denn die genauen Versuchsbedingungen sind von großer Relevanz und die Wiederholbarkeit der Versuchsbeschreibung ist für wissenschaftliche Seriosität unabdingbar. Missverständnisse und falsche Schlussfolgerungen wuchern in der Presse.

Auch darf man statistische Korrelationen nicht mit einem Beweis bzw. einem kausalen Zusammenhang verwechseln. Es ist kurzsichtig, den beobachteten Einfluss von schon kleinsten Feldern auf den Melatonin-Spiegel zu dramatisieren. Melatonin wird aus Seretonin gebildet und die Produktion von Seretonin ist bekanntlich vom Licht - einem anderen Teil des elektromagnetischen Spektrums - abhängig. In der Medizin werden deshalb Patienten sogar einer "Lichtdusche" ausgesetzt, um über eine verstärkte Seretoninproduktion die Bildung von Melatonin anzuregen und so depressive Verstimmungen zu beseitigen.

Hinzu kommt ein Kommunikationsproblem: Die wenigen Biologen und Mediziner, die sich auf Physik verstehen, haben oft reichlich Schwierigkeiten, sich verständlich zu machen - für Bürger und Journalisten ebenso wie den Ingenieur, der wissen will, warum er welche Grenzwerte einhalten soll. Diese Schwierigkeit wächst, wenn der Wissenschaftler keine klare Aussage über seine Forschungsergebnisse machen kann, weil diese noch keine eindeutigen Schlüsse zulassen. Vorsichtige, relativierende Formulierungen verunsichern, wenn der Laie ein einfaches Ja oder Nein als Antwort erwartet.

Der Laie weiß eigentlich nicht, was er von all diesen Aussagen, die sich teilweise widersprechen halten soll. Viele sagen sich aber, dass es schon seit hundert Jahren technisch erzeugte elektrisches und magnetische Felder gebe, und dass man es sicher längst bemerkt hätte, wenn diese tatsächlich solche angeblich gravierenden Risiken hätten, wie dies manche behaupten.

Mehr als 500 Studien wurden bisher zum möglichen Zusammenhang von Elektrosmog aus Hochspannungsleitungen und der Krebserkrankung angefertigt. Ausgelöst wurde die weltweite Fahndung durch eine Untersuchung, die 1979 in England durchgeführt wurde. Damals hatten die Forscher einen Zusammenhang zwischen Leukämie bei Kindern und der Nähe zu Überlandleitungen festgestellt. Ein Expertenkomitee des Nationalen Forschungsrates der USA fanden zwar 1996 einen schwachen Zusammenhang zwischen einer seltenen Form von Leukämie bei Kindern und bestimmten Typen von Freilandleitungen, doch sind alle Versuche, diese Beobachtungen zu erhärten, "unschlüssig und widersprüchlich" gewesen.

Die finnische Regierung untersuchte aus Sorge um die Gesundheit ihrer Bürger alle Menschen, die in maximal 500 m Abstand von einer Hochspannungsstrecke wohnten; dabei wurde kein Zusammenhang zwischen Krebs bei Erwachsenen und den schwachen Magnetfeldern der Stromleitungen gefunden. Die Amerikanische Physikalische Vereinigung hatte die Magnetfelder von Überlandstromleitungen untersucht und herausgefunden, dass diese Felder noch schwächer sind als das natürliche Magnetfeld der Erde. (9) Außerdem schließt eine US-Studie die Gefahr von Leukämie-Erkrankungen durch elektromagnetische Felder im Haus klar aus. Es zeigte sich bei der Untersuchung von Schlaf- und Wohnräumen von blutkrebskranken Kindern kein Zusammenhang zwischen der Anzahl der elektrischer Geräte im Haus und einem Leukämie-Risiko. Dies gilt auch für die Untersuchungen in den Wohnungen, die von den Müttern der leukämiekranken Kinder während der Schwangerschaft bewohnt wurden. Eine Krebsgefahr für Kinder durch Überlandleitungen in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern und Schulen hatten Forscher schon Ende 1996 ausgeschlossen.

Dennoch ist man immer wieder fasziniert, welche Probleme einzelne Menschen haben können, die vermutlich durch die elektrische Ausrüstung des Gebäudes hervorgerufen werden. leider sind Abhilfe Maßnahmen. die in der Regel aufwendige Messungen voraussetzen, sehr teuer - einen Tagessatz von mehreren tausend Mark muss ein entsprechendes Labor rechnen, um überhaupt die entsprechenden Messgeräte bevorraten zu können. Und kaum ein Privatmann wird Kosten in der Größenordnung eines Kleinwagens ausgeben, ohne eine Aussicht auf Erfolg. Sogenannte Baubiologen , sofern diese denn ernsthafter sind, machen um Elektrosmog einen gewissen Bogen: man kann als Fachmann zwar schnell erkennen, was sich an Änderungen mit einem gewissen Sinn vorschlagen lässt, z.B. eine ordentliche Hausinstallation unter modernen Gesichtspunkten, die Vermeidung von ungünstigen Stellungen der Geräte zu den Aufenthaltsbereichen etc. Aber ernsthafte Messungen sind schwierig und stets angreifbar, da man entweder wie ein Baubiologe mit sorgenvollem Gesicht durch Schlafräume zieht oder mit den hohen Industriegrenzwerten einfach "alles o.k." sagt.

Nachsatz: bei der Durchsicht 2019 dieses Textes, der 1999 entstanden ist und 2011 online ging, ist auch mir die etwas altmodische Bewertung aufgefallen. Dennoch bleibt er zunächst so online...... auch wenn es derzeit ca. 2000 Studien sind und der Satz vom Bundesverfassungsgericht (quasi kein Forschungsbedarf) hier passen würde.